Es war ein ruhiger Donnerstagmorgen in meiner Praxis, als das Telefon klingelte. "Notfall!", meldete sich die Stimme am anderen Ende. Karla, 40 Jahre alt, kämpfte seit ihrer Kindheit mit Platzangst. Am schlimmsten war es in Flugzeugen und Aufzügen, aber selbst ein überfüllter Raum oder ein Auto konnten sie in Panik versetzen.
In drei Wochen stand ihr Urlaub an und allein der Gedanke daran raubte ihr den Schlaf. "Ich werde es nicht ins Flugzeug schaffen", sagte sie verzweifelt. Wir vereinbarten einen Termin.
Ein paar Tage später trat Karla ein, wirkte sichtlich entmutigt. "Das wird mir eh nicht helfen", murmelte sie. Nach dieser Begrüssung begann ich mit meiner hypnotischen Routine: nach einer kurzen Einführung versetzte ich Karla in Trance und brachte sie auf eine innere Reise zu ihrem Wohlfühlort – einer sonnigen Wiese mit einem majestätischen, uralten Baum. Plötzlich begann sie, schwerer zu atmen, ihre Hände wurden angespannt. "Es fühlt sich an, als hätte ich eine Tonne auf der Brust, mir ist ganz heiss und kalt. Es ist wie dieses Gefühl der Platzangst, einfach schwächer", bemerkte sie.
Ich beruhigte sie. "Du bist hier in Sicherheit, es ist ein grosser Raum. Du kannst jederzeit deine Augen aufmachen, um dich zu vergewissern. Bist du bereit, die Ursache dieses Gefühls zu erforschen?“.
Karla nickte, also führte ich sie in ihrer inneren Welt in der Zeit zurück, zum Ursprung dieser Platzangst. Sie fand sich umgehend als fünfjähriges Mädchen hinter einem Schrank in ihrem Kinderzimmer versteckt wieder. "Was tust du hinter diesem Schrank?“, fragte ich sie. „Ich weiss es auch nicht, aber es sieht so aus, als ob ich grosse Angst habe… Ich gucke mal ein wenig hinter dem Schrank hervor…“
Ich hörte nur Karlas Atem, ich hielt meinen an. „Was jetzt wohl kommen mag“, fragte ich mich, ebenfalls total gespannt.
„Ich bin nicht allein, meine ältere Schwester ist auch im Raum", flüsterte sie. "Sie plagt mich immer. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich habe Angst, deswegen verstecke ich mich hinter dem Schrank!"
"Was würde dir helfen, mutiger zu werden?", fragte ich.
Nach kurzem Überlegen rief Karla, voll neuen Mutes: "Etwas, um mich zu verteidigen!" In ihrem hypnotischen Zustand materialisierte sich umgehend ein aufblasbarer Baseballschläger in ihrer Hand. Mutig trat sie hinter dem Schrank hervor und rief ihrer Schwester bestimmt entgegen: "Ich will, dass du aufhörst, wenn ich STOPP sage! Ich will, dass du mein Zimmer verlässt, wenn ich meine Ruhe haben will!"
Die ältere Schwester lächelte nur spöttisch und blieb stehen. Ich ermutigte die kleine Karla, noch deutlicher zu werden. "Wenn du jetzt nicht gehst, dann haue ich dir den Schläger über den Kopf!" (Ja, in Hypnotherapiesitzungen kann es durchaus dramatisch zugehen!)
Diese Entschlossenheit beeindruckte Karla‘s Schwester. Sie zog sich sofort zurück und verliess das Zimmer der kleinen Karla, worauf diese sichtlich stolz und vollgetankt mit neuer Kraft wirkte!
Wir befestigten noch ein Schloss an klein-Karla‘s Zimmertür, feierten ihren Sieg und verankerten dieses Gefühl der Stärke und Macht in der grossen Karla, so dass sie jederzeit zu diesem Gefühl zurückgehen konnte.
Abschliessend holte ich sie aus der Trance zurück. Sie konnte kaum glauben, dass zwei Stunden vergangen waren, und lachte beschwingt.
Ein Jahr später klingelte mein Telefon erneut. Karla meldete sich, diesmal mit einem selbstbewussten Unterton in der Stimme und sichtlich zuversichtlich. "Anaya, die Platzangst ist seit unserer ersten Sitzung kein Thema mehr in meinem Leben!", verkündete sie befreit.
"Wundervoll!“, antwortete ich. „Was können wir heute für dich tun?", fragte ich gespannt. Karla lächelte und begann zu erzählen, wie sie ihr nächstes Hindernis überwinden wollte, überzeugt davon, dass sie auch diesmal erfolgreich sein würde.
Dieses Beispiel verdeutlicht die Effizienz der Hypnose. Es wurde so modifiziert, dass keine Rückschlüsse auf Klient*innen gezogen werden können.
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