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Aus der Praxis - Milo und die Reiseangst

Milo, 17 Jahre alt, kam zu mir in die Praxis. Seine Mutter hatte ihn angemeldet, er wollte nicht unbedingt herkommen. "Verständlich", denke ich mir, denn es kann schon Angst machen, zu einer fremden Person zu gehen, ohne genau zu wissen, was die so macht und was einen erwartet. Doch Milo hatte Mut, und zwar eine ganze Menge davon!


Sein Problem: Seit er denken kann, litt er unter furchtbarer Reiseangst und in den Ferien dann Sehnsucht nach seinem Zuhause. Das begann immer schon eine Woche vor, und fand seinen Höhepunkt am Tag der Reise. Manchmal hielt dieser Zustand sogar den ganzen Urlaub über an: Schlafstörungen, nervöse Zustände, Gereiztheit in Vorbereitung auf den Urlaub. Am Reisetag selbst kamen dann Magen-Darm-Beschwerden dazu, und die ersten Tage am Urlaubsort waren von starkem Heimweh, Trauer und Verzweiflung geprägt. So ließen sich die Ferien natürlich nicht genießen!


Trotzdem entschied sich Milo, einen mehrwöchigen Sprachaufenthalt im Ausland zu machen (ich sage ja, er ist mutig!!!). Es sollte das erste Mal sein, dass er ohne seine Eltern verreist und so lange von seiner Familie getrennt ist. Eine Woche vor dem großen Tag X kam er das erste Mal zu mir in die Praxis.


Ich erlebte Milo als einen tollen jungen Mann, voller Energie und Mut! Ich erklärte ihm kurz, wie ich vorgehe, und sagte, dass wir heute einfach ein Notfall-Werkzeug für ihn suchen würden, damit er die anstehende Reise gut übersteht. Alles Weitere würde mehrere Sitzungen in Anspruch nehmen und dauerte wahrscheinlich ein bisschen länger. Er verstand sofort und wir begannen die Hypnose.


Die Trance verlief wunderbar: Er machte begeistert mit und genoss diesen Zustand sehr. Wir stärkten zu Beginn seine bereits vorhandenen Ressourcen wie Mut, Abenteuergeist und Durchsetzungsvermögen. Denn mutig war er ja, sich trotz dieser Ängste so ein Projekt vorzunehmen. Ich staunte und war wieder einmal sehr inspiriert von den jungen Leuten!


Dann suchten wir als Hauptteil der Trance zusammen dieses Notfall-Werkzeug, mit dem er seine Reise in Angriff nehmen konnte. Er empfing ein inneres Bild von einem Koffer, den er auf die Reise mitnehmen konnte und in dem sein Zuhause Platz hatte. (Es ist ja eine innere Welt, da ist alles möglich! 😉) Sobald er sich also die nächsten Tage, während der Reise oder im Ausland unwohl fühlte, konnte er einfach diesen Koffer aufklappen und hätte sein Zuhause dabei, war praktisch dann Zuhause – Problem gelöst!


Also gingen wir das in der Trance sogleich mal gemeinsam durch: Wir besprachen die nächsten Tage, Milo stellte sich alles innerlich vor: den Tag X der Reise und die ersten Tage im Ausland. Ich musste ihn ein bisschen zu dieser Übung motivieren, denn er war im aktuellen Zustand davon überzeugt, dass ab jetzt alles wunderbar geschmeidig klappen würde und er nicht mehr üben müsse. Ich traute dieser Sache noch nicht so ganz und wollte diese jetzige Erfahrung unter Trance auch in seinem System abspeichern, denn: Was in Trance erlebt wird, ist im System gespeichert und deshalb jederzeit so abrufbar, als ob man es tatsächlich erlebt hat. Für unseren Körper, unser Gehirn, unseren Geist, unser Empfinden macht es also keinen Unterschied, ob wir etwas tatsächlich erleben oder imaginieren. Also bestand ich darauf, diese Übung zu machen.

Und tatsächlich, in dieser Trance-Übung lief alles wunderbar. Die nächsten Tage waren überhaupt kein Problem, die Reise verlief mühelos und auch die ersten Tage im neuen Land waren beschwerdefrei. Ich musste richtig insistieren, dass jetzt halt dann doch mal Heimweh auftreten könnte und dieser besagte magische Koffer zum Einsatz kommen durfte. Milo machte geduldig mit, holte das Gefühl des Heimwehs hervor, und spielte die Situation dann mit dem Einsatz des magischen Koffers durch: Heimweh, Koffer auf – das Zuhause kam hervor, Heimweh war sofort weg. Ich war dann auch zufrieden und wir beendeten die Trance. Milo wäre gerne noch ein wenig länger drin geblieben – wie die meisten Menschen, welche Hypnose erfahren durften.


Er ging nach einer kurzen Nachbesprechung beschwingt aus meiner Praxis und ich erhielt noch am selben Abend eine Nachricht seiner Mutter: Was ich mit ihrem Sohn gemacht habe, sie erkennee diesen total relaxten, gutgelaunten jungen Mann nicht mehr :)


Zwei Tage hielt dieses absolute Glücksgefühl und die Entspannung an, dann erhielt ich eine Nachricht der Mutter: Die Angst sei wieder da, es ginge Milo sehr schlecht, er überlege, die Reise abzusagen.


Nun war schnelles Handeln angesagt. Ich nahm Milo eine 20-minütige Audiodatei auf, in der ich ihn wieder an diesen inneren Ort der Trance zurückführte und ihn im Schnelldurchlauf nochmals an die erlebte Trancereise erinnerte.


Milo hörte die Aufnahme sofort und fand sogleich wieder an diesen inneren Ort der Sicherheit zurück. Die Ruhe und das Vertrauen kehrten wieder ein. Milo hörte die Audiodatei daraufhin jeden Tag, manchmal mehrmals, sobald die Angst wieder aufkam. Das Ergebnis: Die folgenden Tage waren deutlich entspannter und ruhiger. Der Tag X der Reise verlief ohne diese schlimmen Symptome, einzig eine kleine Dosis Nervosität blieb.


Die ersten Tage im Ausland liefen ebenfalls wunderbar, und den magischen Koffer brauchte er nie, da dieses Heimweh sich nur sehr schwach bemerkbar machte und es ganz viel Spannendes im neuen Land zu erkunden gab.

Dies ist nun ein Jahr her und Milo war seitdem immer mal wieder auf Reisen. Den magischen Koffer hat er bei sich, soweit ich weiß, aber nie gebraucht!


Dies zeigt doch einmal mehr: Manchmal reicht ein bisschen Magie und eine große Portion Mut, um die Welt zu erobern – und Milo hat das mit Bravour gemeistert!


Dieses Beispiel verdeutlicht die Effizienz der Hypnose. Es wurde so modifiziert, dass keine Rückschlüsse auf Klient*innen gezogen werden können.

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